BLOG POST | 1 Sept 2020
Dieter Senghaas: Glückwunsch zum 80. Geburtstag!
Im August 2020 feierte Prof. Dr. em. Dr. h.c. mult. Dieter Senghaas, Ehrenvorsitzender des Stiftungsrates der Berghof Foundation, seinen 80. Geburtstag.
By Uli Jäger
Im August 2020 feierte Prof. Dr. em. Dr. h.c. mult. Dieter Senghaas, Ehrenvorsitzender des Stiftungsrates der Berghof Foundation, seinen 80. Geburtstag. Leider mussten die ihm zu Ehren geplanten Symposien und Festveranstaltungen aufgrund der Covid-19 bedingten Schutzmaßnahmen ausfallen. Aber die Glückwünsche vieler Kolleg*innen und Freund*innen haben Dieter Senghaas dennoch in Bremen erreicht, alle verbunden mit der großen Hoffnung auf baldige, erneute persönliche Begegnungen. Denn Begegnungen mit Dieter Senghaas waren und sind ein Gewinn!
Dieter Senghaas hat den Gründungsprozess der Berghof Stiftung für Konfliktforschung, der Vorgängerorganisation der heutigen Berghof Foundation, auf Wunsch des Stifters Prof. Dr. Georg Zundel von Beginn an beratend begleitet. Folgerichtig wurde Senghaas bei der Gründungsversammlung im Oktober 1971 zum ersten Vorsitzenden des Stiftungsrates ernannt. Diese Funktion hatte er 30 Jahre lang inne und verblieb auch danach im Stiftungsrat, zu dessen Ehrenvorsitzenden er im April 2012 ernannt wurde. Auch heute, im Jahr 2020, nimmt Dieter Senghaas wann immer möglich an den Sitzungen des Gremiums teil und bereitet sich – alle Unterlagen rechtzeitig studierend – mit größter Perfektion darauf vor.
Als international renommierter Sozialwissenschaftler, Friedens-, Konflikt- und Entwicklungsforscher, Musiksoziologe und Kulturtheoretiker analysiert Dieter Senghaas den Frieden bedrohende und den Frieden fördernde Entwicklungen seit vielen Jahren systematisch aus unterschiedlichsten Blickwinkel. Die bis zum heutigen Tag geltende Ausrichtung der Berghof Foundation auf eine „konstruktive Konfliktbearbeitung“ wäre ohne Dieter Senghaas in dieser Qualität und Nachhaltigkeit niemals denkbar gewesen.
Dieter Senghaas hat bis 2005 in Bremen gelehrt. In seiner Analyse der historischen Entwicklung des Friedens in westlichen Gesellschaften hat Senghaas sechs notwendige Bedingungen herausgearbeitet:
- Gewaltmonopol,
- Rechtsstaatlichkeit,
- Interdependenzen und Affektkontrolle,
- demokratische Partizipation,
- soziale Gerechtigkeit und
- eine konstruktive Konfliktkultur.
Als „Zivilisatorisches Hexagon“ wurde dieses friedenswissenschaftliche Modell und die dahinterstehenden Forschungen und friedenstheoretischen Erkenntnisse in viele Sprachen übersetzt und inspirieren bis heute Forscher*innen und Praktiker*innen auf der ganzen Welt. Gleichzeitig insistiert niemand mehr als Dieter Senghaas selbst auf die stetige Überprüfung und Weiterentwicklung des Modells.
1996 konnte in Tübingen das 25jährige Bestehen der Berghof Foundation gefeiert werden. Seinen Vortrag („Interkulturelle Philosophie in der Welt von heute“) beendete Dieter Senghaas mit einer bemerkenswert aktuellen Schlusssequenz:
Die große Chance für einen fruchtbaren interkulturellen Dialog [...] besteht darin, dass alle Kulturen wirklich mit sich selbst in Konflikt geraten und darüber selbstreflexiv werden. Denn erst auf dieser Grundlage kann dann auch ein zeitgemäßes fruchtbares interkulturelles Gespräch beginnen: Weniger von Kultur zu Kultur, sondern zwischen kulturellen Segmenten quer durch die Welt.
Dieter Senghaas hat sich auch mit Arbeiten zu Musik und Frieden einen Namen gemacht und damit, wie Vieles was ihm am Herzen liegt, auch die Kunst wissenschaftlich ausgewertet und begleitet. Als Beitrag zur internationalen UNESCO Kampagne „For a culture of peace and non-violence“ erschien 2001 der Hörbericht „Klänge des Friedens“. Aus der dieser Publikation zugrundeliegenden Musiksendung hat das damalige Institut für Friedenspädagogik Tübingen, heute das Department „Global Learning for Conflict Transformation“ der Berghof Foundation, die CD-ROM „Frieden hören“ entwickelt und mit Förderung der Berghof Foundation 2009 in zweiter Auflage veröffentlicht.
Vor zehn Jahren fand im baden-württembergischen Biberach zum 70. Geburtstag von Senghaas das eindrucksvolle Symposium „Eine Kultur des Friedens fördern“ statt. Dieter Senghaas wurde mitten im Krieg in Geislingen/Steige geboren und hat von 1952 bis 1960 das Wieland Gymnasium in Biberach besucht. Vor allem die Begegnungen mit Schüler*innen des Gymnasiums hat Dieter Senghaas bei dieser Feier sehr genossen. Nicht ohne Grund: Schließlich hat sein „Zivilisatorisches Hexagon“ Eingang in viele Schulbücher gefunden und wurde auch Teil von schriftlichen Abiturprüfungen. Auch zum 80. Geburtstag sollte es ein Symposium in Biberach geben. Es wird nachgeholt werden.
Es ist selbsterklärend, dass Dieter Senghaas mit vielen Preisen ausgezeichnet wurde. So nahm er 1999 für sein stetiges Interesse an einer Praxeologie des Friedens den Göttinger Friedenspreis der Stiftung Dr. Roland Röhl entgegen. Dieter Senghaas hat sich immer als Erfahrungswissenschaftler verstanden. Seine Erfahrung in der Friedenswissenschaft waren und sind bis zum heutigen Tag ein unschätzbarer Gewinn für die Berghof Foundation.
Wir freuen uns über jede Teilnahme an einer Stiftungsratssitzung und über jeden neuen Artikel. Denn Dieter Senghaas schreibt weiter – und teilt damit seine Erfahrungen zum Glück auch in den 2020er Jahren.
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